Heinrich Heine: Denk ich an Deutschland in der Nacht

Nachtgedanken

Heinrich Heine

Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen.
Und meine heißen Tränen fließen.

Die Jahre kommen und vergehn!
Seit ich die Mutter nicht gesehn,
Zwölf Jahre sind schon hingegangen;
Es wächst mein Sehnen und Verlangen.

Mein Sehnen und Verlangen wächst.
Die alte Frau hat mich behext,
Ich denke immer an die alte,
Die alte Frau, die Gott erhalte!

Die alte Frau hat mich so lieb,
Und in den Briefen, die sie schrieb,
Seh ich, wie ihre Hand gezittert,
Wie tief das Mutterherz erschüttert.

Die Mutter liegt mir stets im Sinn.
Zwölf lange Jahre flossen hin,
Zwölf lange Jahre sind verflossen,
Seit ich sie nicht ans Herz geschlossen.

Deutschland hat ewigen Bestand,
Es ist ein kerngesundes Land;
Mit seinen Eichen, seinen Linden,
Werd ich es immer wiederfinden.

Nach Deutschland lechzt ich nicht so sehr,
Wenn nicht die Mutter dorten wär;
Das Vaterland wird nie verderben,
Jedoch die alte Frau kann sterben.

Seit ich das Land verlassen hab,
So viele sanken dort ins Grab,
Die ich geliebt - wenn ich sie zähle,
So will verbluten meine Seele.

Und zählen muß ich - Mit der Zahl
Schwillt immer höher meine Qual,
Mir ist, als wälzten sich die Leichen
Auf meine Brust - Gottlob! sie weichen!

Gottlob! durch meine Fenster bricht
Französisch heitres Tageslicht;
Es kommt mein Weib, schön wie der Morgen,
Und lächelt fort die deutschen Sorgen.

Zitiert von pn1551

Da hat jemand das Schicksal von Deutschland schon mal sehr schön beschrieben

Deutschland wird in weiter Zukunft nicht in die Geschichte eingehen.
Es wird, im Gegenteil, in den Märchenbüchern der Kinder der nächsten Generationen erwähnt. Eltern werden ihren Kindern beim Schlafengehen folgendes Märchen vorlesen:

Es war einmal .............. ein Land, lange vor unserer Zeit. Niemand weiß mehr, wo es lag. Und niemand weiß mehr genau, wie es hieß. Nennen wir es doch Germania.

Als dieses Land in voller Blüte stand, begab es sich, dass eine neue Königin vom Volk gewählt wurde. Diese Königin aber war dem Volk nicht gut gesonnen. Sie war ein garstige, hässliche und gemeine Königin und wurde – als das Volk dieses erkannte – von ihm sehr gehasst.

Die Königin wollte ihr Volk zerstören, in dem es die Menschen ausbluten ließ. Sie trieb die Menschen zu immer mehr Arbeit für immer weniger Lohn an. Und von diesem wenigen Geld nahm sie immer mehr Steuern, so dass den Menschen immer weniger zum Leben blieb.

Sie unterstützte aber wiederum einen Teil des Volkes, welches der Arbeit nicht so zugetan war, mit Geld, was sie dem fleißigen Bäuerlein und rechtschaffendem Bürger mit Zwang wegnahm.

Warum sie das machte? Nun, ganz einfach: sie wollte sich die Hingabe dieser von Fleiß nicht gerade gesegneten Leute sichern.

Zu der Zeit begab es sich aber, dass einer ihrer Untertanen – den Namen weiß man heute auch nicht mehr - nennen wir ihn doch Zarrisan – das Volk mahnte, endlich die Augen und Ohren zu öffnen und zu erkennen, was um es herum geschah.

Aber er wurde vom Volk verlacht und die Königin und ihre Vasallen verbannten ihn aus ihrem Land, aus Angst davor, dass dieser Untertan doch noch beim Volk Gehör fand.

Mit der Zeit aber erkannten immer mehr Menschen, was die garstige Königin wirklich ersann: Die Abschaffung des Volkes in Germania.

Sie wollte ein neues Volk. Sie holte sich fremde Menschen aus fremden Ländern, die sie mit der Zeit zu ihren Untertanen machen konnte. Deren Dankbarkeit sie sicher war, weil das eigene Volk langsam begriff und aufbegehrte.

So vergingen viele Jahre und die Germanen wurden mit der Zeit immer weniger, bis sie ganz verschwanden.

Und wenn sie ein wenig schlauer gewesen wären, dann lebten sie noch heute.

*****ENDE*****

„So, mein Kind, nun schlaf schön“.

„Aber Mama, waren die Menschen damals wirklich so dumm?“

„Ja, mein Kind, das waren sie. Nun schlaf aber schön“.

„Aber Mama, das kann ich nicht“.

„Warum denn nicht, mein Kind?“

„Nun ja, denk ich an Germania in der Nacht, bin ich doch um den Schlaf gebracht.“


Heinz Säring: Es brennt noch Licht

Udo Jürgens - Im Kühlschrank brennt noch Licht / Mein größter Wunsch (1991)

1991 | JBFANN
In Erinnerung an den unvergessenen Udo Jürgens

 

Kommentare

Sehnsucht

Heine beschreibt das Land unserer Väter, die es nach dem Krieg unendlich fleißig aufgebaut haben. Nun wird es vom Beamtensozialismus verkauft. Aber wir vergessen nicht das Potenzial: »Deutschland hat ewigen Bestand, Es ist ein kerngesundes Land;« Das ist erreichbar!