Auszug aus dem NAEB-Newsletter 1803
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Verfasser: Heinrich Duepmann
Die Themen
- Frequenz-Uhrzeit-Abweichung im Europa-Stromnetz (ENTSO-E / UCTE)
- Warum bezahlen wir Stromabgabe ins Ausland und der Preis der ENTSO-E Synchronisation
- Was schieben wir 2017 an Strom über die internationalen Koppelstellen (reine Mengenbetrachtung)
Frequenz-Uhrzeit-Abweichung im Europa-Stromnetz (ENTSO-E)
Die Medien haben dieses Thema am Rande und nicht angemessen betreffend Ursachen und tatsächliche mögliche Effekte behandelt. Die Konsequenzen möchten viel weitreichender als allgemein denkbar sein. Es geht nicht nur um eine Zeitabweichung!
Zunächst etwas Grundsätzliches zur Zeitmessung. Allgemein dürfte bekannt sein, dass man eine Uhr betreiben kann:
- - über ein Uhrwerk (*)
- - einen elektrischen Schwingkreis mit einem hochpräzisen Quarz, wobei man dann die Schwingungen hochzählt (*)
- - die direkte Auslesung des DCF77-Signals (in D und angrenzenden Ländern)
- - die Zählung der Schwingungen des 50Hz-Stromentzes (**) (im ENTSOE (oder UCTE)-Bereich)
- - die direkte Auslesung des NTP-Signals eines Zeitservers (beliebig auf der Welt)
- - u.a.
Die erforderliche Einstellung bei * und ** nimmt man vor, indem man die aktuelle Uhrzeit sich woanders besorgt
- - von DCF
- - GPS
- - einem Zeitserver im IP-Netz (NTP)
und dann manuell oder automatisch einträgt. Z.B. synchronisieren sich Windows-Systeme bei entsprechender Konfigurierung mit einem NTP-Server.
Bei * ist natürlich wegen Gangungenauigkeiten regelmäßig ein Neuabgleich erforderlich.
Bei ** - unser Fall - wird durch die ENTSO ein permanenter Abgleich mit UTC (universal time control - der Zeitmutter) vorgenommen.
Wenn also mal das Stromnetz etwas in Unordnung gerät, korrigiert man solange an den 50 Hz herum, bis die Zeiten wieder bis auf weniger als 100 msec übereinstimmen.
Aus diesem Grunde ist das Verfahren ** bei fast allen konventionellen Maschinen im Einsatz, angefangen bei der Waschmaschine bis hin zu einer einfachen Homematic oder einem Uhrenwecker.
Ich selbst bin bei meiner Rollladensteuerung, die die Uhrzeit als ELTAKO-Mikroprozessor nicht von außen bezieht, betroffen und kann binnen weniger Tage die Abweichung feststellen. Ich muss also regelmäßig nachstellen, wenn die Netzfrequenz ausläuft.
Diese Korrekturen nun erfolgen über einen zentralen Taktgeber für alle Kraftwerke in minimalsten Änderungsschritten der Frequenz, da hier sofort Reibungsverluste zwischen den Stromerzeugern auftreten.
Für diese Anpassungen nutzt man die von uns derzeit beackerten Instrumente Momentan, Primär- und Sekundärreserve. Siehe 45% Dampfkraftwerkregel und Vortrag von Herrn Behr.
Nun gelingt seit Anfang 2018 dieser Ausgleich nicht mehr. Woran das liegt, geht aus den Beschreibungen nicht hervor. Man schaue hier: Netzfrequenzmessung.de
Aktuell geht die ENTSO-Netzzeit mehr 6 Minuten gegenüber UTC nach. Alle bisherigen Korrekturversuche sind bisher gescheitert, obwohl man an dem Thema bereits seit 3 Wochen laboriert.
Es wird behauptet (ungesicherte Quelle), dass eine höhere Einspeisung das Problem vermieden hätte, die in der Größenordnung von 0,5 Promille des Jahresbedarfes von Deutschland bezogen auf die ersten 2 Monate des Jahres und die gesamte EINTSO-E liegt.
Bei diesem lächerlich kleinen Volumen ist anzunehmen, dass das Thema aus meiner Sicht mit finanziellen Interessen und der Energiewende zusammenhängt. Die Erlöse für Regelleistung sind in den letzten 12 Monaten erheblich gesunken.
Man will also dieses Gut verteuern, nachdem man schon an der simplen kWh nichts verdienen kann bei den Großhandelspreisen der letzten Jahre. Beachten Sie bitte den nächsten Punkt für die Konsequenzen. Ansonsten aber würde man einfach, die Länder aus der ENTSO-E-Synchronität aussteuern, die permanent diese Misere angeblich verursachen.
Hier sei noch abschließend darauf hingewiesen, dass die auch in der Vergangenheit schon aufgetretenen Uhrenabweichungsprobleme – beispielhaft die Schalter-Rückruf-Aktion bei BSH-Hausgeräte vor etlichen Jahren – eine andere Ursache haben: Technisch geht man bei der Zeitnahme über den Netzwechselstrom so vor, dass man den Nulldurchgang entweder von Strom oder von Spannung mit einem Schaltkreis nutzt, einfach hochzuzählen. Dieses Verfahren hat über Jahrzehnte störungsfrei funktioniert, weil praktisch nur „schöner glatter Sinus“ erzeugt von den Synchrongeneratoren im Netz war.
Das ist so ein schöner Sinus (t = Zeit, y = U bzw. I) – schwarzer Graph. Dann kamen die Enercon- und Voltaik-Gleichwechselrichter ins Netz und dann sah der Sinus stark übertrieben aber immerhin die BSH-Schaltkreise störend so wie in rot aus. Hier habe ich das Problem Oberwellen zur Vereinfachung noch weg gelassen.
Warum bezahlen wir Stromabgabe ins Ausland und der Preis der ENTSO-E Synchronisation
Dass wir in Spitzenzeiten hinter einer exportierten kWh bis zu 2 EUR hinter her werfen, haben Sie aus alten NL und den Medien entnommen. Nun könnte man alternativ ja einfach die Anlagen (WKA und Solar) abschalten.
Die Regelzonenbetreiber haben dazu die technischen Möglichkeiten und auch die gesetzgeberische Handhabe. Sie dürfen die erforderlichen Maßnahmen einleiten, um eine Netzstörung zu vermeiden. Und jeder Redispatch birgt nun mal ein Risiko. Für den Anlagenbetreiber ist das kein Verlust, denn er wird dabei über eine Entgelt-Ausfall-Entschädigung befriedigt. Ja steht sich sogar u.U. mit dieser Entschädigung etwas besser, da sie höher liegt als EEG-Entgelt abzgl. Wartungskosten. Warum macht man das also nicht? Bisher habe ich die Argumentation vertreten, dass es primär um Einspeise-Maximierung geht, um mit dem EE-Strom möglichst gut auszusehen. Aber das folgende leider sehr unscharfe und auch alte Diagramm (y negativ) und die schon verbissene Aufrechterhaltung der ENTSO-E-weiten Phasensynchronität lässt einen viel bedeutsameren Hintergrund zu.
Was macht Deutschland bei spontaner Unterkapazität? Kraftwerke kann man nicht schnell genug hochfahren. Die Alternativen sind dann Blackout oder Zufluss über die internationalen Koppelstellen.
Je mehr Erzeugungskapazität nun in der gesamten phasensynchronisierten Zone vorhanden ist, desto geringer ist das Blackout-Risiko. Und dafür zahlt Michel (bzw. die Energiewende-Politiker) gern etwas mehr. Mit dem „hinter her Werfen des Geldes“ hinter dem die Stromerzeugung im Ausland störenden Export des EE-Stromes erkauft man sich die Lieferbereitschaft der Nachbarstaaten für die drei Fälle in den 7 Tagen (mit den ockerfarbenen Kästeln).
Angenommen, es gäbe kein UTCE (ENTSO-E), würde das Ganze nicht funktionieren. Dann wäre die Energiewende längst kollabiert.
Jetzt ist auch klar, warum die deutschen Energiewende-Politiker soviel Wind machen um den „Europaverbund“, z.B. der Herr Solms von der FDP (obwohl in der Opposition).
Übrigens würde das Ganze auch in einem anderen Fall sofort kollabieren: Wenn alle UCTE-Mitglieder Energiewende betreiben würden. Dann wäre nämlich keinesfalls mehr immer genügend freie Erzeugungskapazität vorhanden. Genau das wissen die Politiker im Energiewendeland und die anderen auch. Und so ist das hinter her geworfene Geld gut angelegt – die anderen machen Slow-Go bei der Energiewende, damit sie Geld kassieren und die deutschen Narren den Unfug weiter entgeltlich betreiben.
Um das mögliche resultierende Desaster annähernd zu verstehen, stellen wir uns einfach die Fertigungsstraße in einer PKW-Fabrik vor, wo von vielleicht Tausenden von Steuerungen einige letztlich wirklich Millisekunden-synchron arbeiten müssen – sonst zerdeppert ein Roboter die gerade einschwebende Karosserie.
Aber vielleicht meinen ja unsere von Digitalisierung redenden Politiker damit die Umstellung aller Taktungen in einem solchen Band auf Sensorik. Vielleicht wissen sie aber auch gar nicht wovon hier schreibe.
Evident ist nur, dass das aus dem Turn laufende Uhrwerk achselzuckend hinnehmen anstatt z.B. der BNetzA einfach vorzugeben, bei 10 sec Zeitabweichung werden die Grenzkoppelstellen gekappt – so ähnlich war das früher mal, siehe Blackout 2006 im Ausland. Ei Teufel, wo bliebe den da der überschüssige Windstrom.
Was schieben wir 2017 an Strom über die internationalen Koppelstellen (reine Mengenbetrachtung)
Achtung die folgende Darstellung ist eine reine Salden-Betrachtung, die 2 gewaltige Störeffekte beinhaltet:
- Export-Strom von F nach I läuft durchaus über D und CH. Wir haben also eine Saldierung zwischen Import von F und Export nach CH beachten
- Der im Text oben beschrieben Effekt.
So sieht das in 2017 im Vergleich zu den vorigen Jahren aus:
--- blauer Pfeil: Nachbarland nimmt Überschuss-EE-Strom auf und gibt nachts, im Winter und bei Flaute Strom zu attraktiven Preisen Hydrostrom zurück. Steilheit der Kurve (Jahresveränderung) proportional zum EE-Ausbau in Deutschland. Effekt auch in der Schweiz, aber überlagert s.u.
--- violetter Pfeil: Strom wird über die Koppelstellen gedrückt. Schutzmechanismen der Nachbarn beginnen zu greifen. Finanzieller Anreiz zur Stromaufnahme trotz negativer Preise noch nicht groß genug. Rückläufige Tendenz.
--- roter Pfeil unten: Überlagerung Effekt blauer Pfeil, violetter Pfeil und Störeffekt 1
--- roter Pfeil oben: Überlagerung Störeffekt 1 und ungebremste Koppelstellen-Nutzung.
Diese Betrachtung ist eher rein qualitativ zu werten, da weitere Restriktion wie Koppelstellen-Kapazität zu berücksichtigen ist. Grundsätzlich lässt sich damit aber die chronologische Entwicklung gut erklären.