Und weiter steigen die Strompreise

Der Stromverbraucherschutz NAEB klärt auf: Die gesetzliche Sicherheitsbereitschaft von stillgelegten Kohlekraftwerken, die reaktiviert werden sollen, wenn nicht genug Ökostrom erzeugt wird, verteuert den Strom noch mehr.

Die Ideologie des Ökostroms

Eine Ideologie folgt nur einfachen Gesichtspunkten. Man hat das vermeintlich Richtige gefunden und setzt es durch, koste es, was es wolle. Denn am Ende muss ja der Erfolg stehen. Dabei werden maßgebliche Einflüsse ausgeblendet oder sogar bekämpft. Die deutsche Energiepolitik ist hierfür ein besonders schlimmes Beispiel. Man folgt dem Weltverbesserer Franz Alt, der mit der Parole durch Deutschland zog, regenerative Energie sei die Zukunft, denn die Sonne schicke keine Rechnung: klar, die Sonne nicht, aber die Stromlieferanten und zwar eine immer saftigere. Die eifrigen Welt- und Klimaretter haben sich nicht darum gesorgt, dass die Sonnenenergie als Strahlung, Wind oder Biomasse breit gestreut und unkonzentriert ist und im Fall von Sonne und Wind ständigen, nicht planbaren Schwankungen unterliegt. Das Konzentrieren dieser Energie ist nur mit viel Aufwand und Geld möglich und führt zu massiven Umweltschäden. Die wetterabhängigen Schwankungen der Sonnenenergie und des Windstroms sind für eine bedarfsgerechte Stromversorgung ungeeignet. Daher ist „Zappelstrom“ kaum etwas wert.

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Der Planwirtschaftler beutet den Stromkunden aus. [1]

Planwirtschaft bricht an

Doch immer noch sind die Ideologen der Energiewirtschaft davon überzeugt, richtig zu handeln. Es müsse nur alles auf die Energie von der Sonne umgestellt werden, dann bräche das goldene Zeitalter an. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde die Erzeugung des Ökostroms in eine staatliche Planwirtschaft überführt. Gesetze wie das Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) und Verordnungen mit inzwischen rund 1.700 Seiten garantieren die privilegierte Einspeisung des Ökostroms in das Netz mit festgesetzten Vergütungen, die den Betreibern 20 Jahre lang überdurchschnittliche Renditen sichern. „Zappelstrom“, weil Zufallsstrom, vermag nur selten den Bedarf der Verbraucher dann zu befriedigen, wenn sie ihn benötigen. Entweder gibt es zu wenig Strom, dann gehen die Lichter aus und die Maschinen stehen still. Oder es gibt bei Starkwind und Sonnenschein zu viel Strom, dann muss er vernichtet oder Anlagen müssen stillgesetzt werden, um das Netz nicht zu überlasten. Daher wird der teuer vergütete Ökostrom zu Schleuderpreisen über die Strombörse entsorgt. Immer häufiger wird man den Strom nur los, wenn für die Entsorgung gezahlt wird. Das sind sogenannte negative Strompreise.

Müssen Anlagen wegen zu viel Ökostrom abgeschaltet werden, stört das den Betreiber wenig, denn er bekommt den nicht gebrauchten und damit auch nicht gelieferten Strom nach dem EEG selbst dann vergütet. Die Kosten für dieses Entsorgen des Ökostroms muss der Stromkunde als EEG-Umlage bezahlen. Einschließlich Mehrwertsteuer sind das inzwischen 8,2 Cent für eine Kilowattstunde.

Strom-Dumping wird Gesetz

Der Verkauf des Ökostroms an der Börse weit unter den Vergütungspreisen ist Dumping. Es dürfte weltweit die größte Dumping-Aktion sein, die Stromkunden bezahlen. Sie wird aber in Deutschland wettbewerbsrechtlich nicht verfolgt, weil dieses Dumping, wie das Bundeskartellamt formal zu Recht argumentiert, gesetzlich legitimiert sei. So jedenfalls lautete die Auskunft des Kartellamtes gegenüber dem Stromverbraucherschutz NAEB. Politik und die bisher im Bundestag vertretenden Parteien haben auch die gesetzliche Umverteilung von unten nach oben, von den vielen Stromkunden zu den wenigen Profiteuren der Energiewende, zu verantworten. Diese unsoziale Umverteilung war leider kein Thema im Wahlkampf.

Die Nord-Süd-Stromtrassen sind überflüssig

Doch das ideologische Ziel wird weiter verfolgt. Und damit steigen auch die Kosten. Nun soll Windstrom mit teuren neuen Trassen vom Norden in den Süden transportiert werden. Auch dies muss der Stromkunde bezahlen. Inzwischen sind die Netzkosten höher als die EEG-Umlage. Und sie steigen weiter.

Kernkraftwerke, Kohlekraftwerke und Gaskraftwerke sind unverzichtbar, denn oft weht kein Wind, nachts scheint keine Sonne und mögliche Stromspeicher sind zu klein und viel zu teuer. Die herkömmlichen Kraftwerke dagegen sind über Deutschland weitgehend gleichmäßig verteilt und stehen in der Nähe der Verbraucher. Sie können Deutschland sicher und viel preiswerter als die Ökostromanlagen ohne zusätzliche Stromtrassen versorgen. Aber politisch motivierte Ideologen ignorieren diesen Zusammenhang. Die „Energiewende“ muss geschafft werden.

Ohne Kohlekraftwerke geht es nicht

Es sollen weitere Ökostromanlagen gebaut werden, um die Kohlekraftwerke zu ersetzen. Doch da das Wetter nicht mitspielt, gibt es immer wieder Zeiten mit Strommangel. Dann müssen konventionelle Kraftwerke einspringen, um den fehlenden Strom zu liefern. Die Dampfkraftwerke müssen dazu unter Dampf in Bereitschaft gehalten werden, weil das Anfahren eines Kraftwerkes aus dem kalten Zustand Tage dauert.

Nun will man trotzdem Kohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von 2.700 Megawatt (MW) stilllegen, wie die VDI-Nachrichten berichten. Dann wird jedoch bei längeren Flauten und Nebel, die wir oft in den Wintermonaten bei Hochdruckwetter haben, nicht genug Strom zur Verfügung stehen. Daher dürfen diese Kohlekraftwerke nicht abgebaut werden. Sie werden in die „Sicherheitsbereitschaft“ überführt. Das heißt, sie werden zwar stillgesetzt, müssen aber betriebsbereit gehalten werden, damit sie innerhalb von 10 Tagen an das Netz gehen können. Dies ist natürlich nur möglich, wenn auch eine ausreichend große Belegschaft für einen Betrieb vor Ort gehalten wird. Das kostet viel Geld.

Als erstes Kraftwerk wurde 2016 das 352-MW-Kraftwerk Buschhaus bei Helmstedt in die Sicherheitsbereitschaft überführt. Der Eigentümer, der ostdeutsche Braunkohleförderer Mibrag, erhält seit Oktober 2016 von dem Netzbetreiber Tennet einen monatlichen Vergütungsabschlag von 4,3 Millionen Euro, der an die Mibrag-Tochtergesellschaft Helmstedter Revier gezahlt wird, die Buschhaus betreibt. Dieser Betrag erhöht die Stromkosten weiter, ohne Strom zu liefern. Insgesamt wird die geplante Sicherheitsbereitschaft 1,61 Milliarden Euro im Jahr kosten. Das sind Mehrkosten für jeden Bundesbürger von 20 Euro im Jahr. Dies scheint nicht sehr viel zu sein. Mit diesem Betrag könnten Braunkohle-Kraftwerke planungssicher mehr Strom erzeugen als 10.000 Windgeneratoren.

Die Digitalisierung der Stromversorgung ist teure Mangelverwaltung
Die Ideologen planen bereits weitere Schritte zu ihrem Ziel, Deutschland vollständig mit Ökostrom zu versorgen. Das soll mit der Digitalisierung der Stromversorgung gelingen. Dann erhalten wir Strom nur, wenn er verfügbar ist, und nicht, wenn wir ihn brauchen. Und die Stromkosten steigen zusätzlich munter weiter, denn eine Digitalisierung des Haushaltsstromes mit Eingriffsmöglichkeiten des Stromlieferanten ist nicht unter 100 Euro im Jahr zu haben.

So werden die Kosten für Strom immer weiter in die Höhe getrieben. Um einen Rückfall auf den Standard der vorindustriellen Zeit ohne elektrisches Licht, ohne Waschmaschinen, ohne Kochherde, ohne Kühlschrank, ohne Radio und Fernsehen, ohne Computer und Telefon zu vermeiden, müssen Stromkunden diese zusätzlichen Kosten abdecken. Ihre Kaufkraft und ihr Wohlstand verringert sich. Die Industrie wandert in Länder ab, die preisgünstigeren Strom liefern. Die Zeit ist reif, die Utopie von „kostenloser“ Sonnenenergie aufzugeben.

Prof. Dr. Hans-Günter Appel
Pressesprecher NAEB e.V. Stromverbraucherschutz
www.NAEB.de und www.NAEB.tv

Bildquelle
[1] capitalistepicture von Mega Stock Image Collection - Retrosales