Ohne Braunkohle ist Deutschland erpressbar

Deutschland hat jahrzehntelang die Förderung von Steinkohle subventioniert, um die eigene Stromversorgung sicherzustellen. Zusammen mit der Braunkohle lag die Kraftwerksleistung im Bereich des Strombedarfs.

Mit der Schließung der Steinkohlenzechen und der geplanten Aufgabe der Braunkohleförderung entsteht die Abhängigkeit von Importen, um den Strombedarf zu decken. Damit ist Deutschland erpressbar.


Braunkohletagebau vor der Renaturierung [1]

Energieversorgung in Deutschland

Braunkohle ist in Deutschland der bei Weitem wichtigste heimische Energieträger, nachdem die Steinkohlezechen nach jahrzehntelangen Subventionen stillgelegt wurden.

Die Förderung von Erdgas und Erdöl ist gemessen am Bedarf in Deutschland gering. Öl und Erdgas aus porösem Gestein, die in den USA inzwischen die wesentlichen und preiswertesten Energiequellen sind, werden hier nicht genutzt, weil die Fördermethode, das Fracking, angeblich das Grundwasser verseucht. Wissende deutsche Fachleute weisen jedoch darauf hin, dass ein solcher Fall niemals aufgetreten ist.

Wenn die Nutzung der heimischen Braunkohle aufgegeben wird, ist Deutschland fast vollständig auf Energieimporte angewiesen. Nur wenn die Sonne scheint und der Wind weht, kann ein Teil des benötigten Stroms von Wind- und Solaranlagen geliefert werden. Mindestens 45 Prozent der Netzleistung muss jedoch jederzeit von Dampfkraftwerken kommen. Ihre großen Schwungmassen sind für eine stabile Netzfrequenz und Netzspannung erforderlich. Eine 100prozentige Versorgung mit Ökostrom ist physikalisch unmöglich.

Die Kosten

Braunkohle ist neben den Brennelementen der Kernkraftwerke der preiswerteste Energieträger. Eine Kilowattstunde (kWh) Primärenergie kostet etwa 0,5 Cent (Ct), mit der 0,4 kWh Strom erzeugt werden. Für Importsteinkohle muss zurzeit 1 Ct/kWh aufgewendet werden, die man gleichfalls in 0,4 kWh Strom umwandeln kann.

Erdgasimporte per Pipeline liegen bei 2 Ct/kWh. Mit Gas- und Dampfkraftwerken (GuD) erreicht man einen Wirkungsgrad von 60 Prozent, also 0,6 kWh Strom. Diese Kraftwerke müssen aber durchlaufen. Sie sind nur für die Grundlast geeignet. Für Spitzenlasten dienen einfache Gasturbinen, die jedoch nur einen Wirkungsgrad von 40 Prozent haben.

Verflüssigtes Erdgas (Liquefied Natural Gas = LNG) ist auf 165 Grad Celsius abgekühlt und wird weitgehend in speziellen Tankern zu den Kunden transportiert. Verflüssigung, Transport und anschließende Rückführung in den Gaszustand kosten etwa 1 Ct/kWh. Flüssigerdgas ist daher deutlich teurer als Erdgas per Pipeline. In Deutschland gibt es keine Möglichkeit, Flüssigerdgas zu entladen. Die genannten Kosten und Wirkungsgrade sind Richtwerte. Vor allem die Importkosten können erheblich schwanken.

Diese Werte ergeben folgende Stromerzeugungskosten:

  • - Braunkohle: 3 Ct/kWh
  • - Kernenergie: 3 Ct/kWh
  • - Steinkohle: 5 Ct/kWh
  • - Erdgas (GuD): 7 Ct/kWh
  • - LNG (GuD): 8 Ct/kWh
  • - Erdgas (Turbine): 12 Ct/kWh

Zum Vergleich, auch wenn Äpfel mit Birnen verglichen werden:

  • - Ökostrom: 15 Ct/kWh mittlere Einspeisevergütung
  • - Ökostrom: 2,5 Ct/kWh mittlerer Börsenpreis

Stromkonzerne nutzen Ökostrom-Dumping

Mit diesen Richtwerten wird die Geschäftspolitik der Stromversorger klar. Die Stromerzeugung in Dampfkraftwerken ist unwirtschaftlich, weil Ökostrom zu gesetzlich verordneten Dumpingpreisen unter den Gestehungskosten der Kraftwerke verkauft wird.

Die großen Stromerzeuger, die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) und E-ON haben ihre Kraftwerke in eigene Gesellschaften überführt, für die sie Käufer suchen. Vattenfall hat seine Stromerzeugung in Deutschland einschließlich der zugehörigen Braunkohle-Tagebaue an tschechische Investoren veräußert. Auch viele Stadtwerke haben sich von ihren Kraftwerken getrennt und sind in Ökostromanlagen eingestiegen.

Es wird nach der Grundidee verfahren, mit dem Betrieb von Ökostromanlagen die hohen und über zwanzig Jahre gesetzlich zugesagten Einspeisevergütungen zu kassieren, den Strom in das Netz einzuspeisen und an der Börse zu Dumpingpreisen zurückzukaufen.

Dank des unsinnigen Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) kommt man so preiswerter an den Strom zur Versorgung der Kunden als durch eine Eigenerzeugung. Entfällt das Ökostrom-Dumping, das durch die EEG-Umlage ausgeglichen wird, haben Energiekonzerne ohne eigene Kraftwerke große finanzielle Probleme. Dann können ausländische Kraftwerkseigner die Strompreise diktieren.

Ausländische Investoren

Während in Deutschland weiter auf die sogenannte Energiewende gesetzt wird, haben vorwiegend ausländische Investoren die geschilderte reale Situation erkannt. Sie kaufen deutsche Kohlekraftwerke, weil sie nach dem Zusammenbruch der Energiewende mit guten Gewinnen rechnen.

So haben tschechische Investoren die gesamte Braunkohleförderung und Verstromung in Sachsen, Brandenburg und Niedersachsen übernommen. Der finnische Stromkonzern Fortum will von E-ON die Kraftwerksgruppe Uniper übernehmen. Auch RWE hat seine Kohlekraftwerke ausgegliedert, führt sie jedoch bisher in Eigenregie weiter. Inzwischen ist wohl die Hälfte der deutschen Kohlekraftwerke in ausländischer Hand.

Die Politik der Bundesregierung

Deutschland soll überwiegend mit Öko-Strom versorgt werden. In Dunkelflauten, wenn weder Wind weht, noch die Sonne scheint, sollen Gaskraftwerke die Versorgung übernehmen. Kohlekraftwerke sollen dagegen stillgelegt werden, zunächst für Braunkohle und anschließend auch für Steinkohle. Zur Legitimation der Stilllegungen wurde eine Kommission ernannt, die Ausstiegstermine festlegen soll. Fachleute aus der Stromversorgung sucht man in dieser Kommission allerdings vergebens.

Laut dieser Planung wird die günstigste heimische Energiequelle, die Braunkohle, zuerst aufgegeben. Deutschland ist dann für eine sichere Stromversorgung nahezu vollständig auf Gasimporte angewiesen. Die Importe aus Russland müssen ausgeweitet werden. Ohne russisches Gas ist eine solche Umstellung nicht denkbar. Verflüssigtes Erdgas, das weltweit angeboten wird, kann nicht importiert werden, da es in Deutschland bisher keine Hafenanlagen zur Übernahme gibt.

Es gibt keine Kostenabschätzungen für eine solche Umstellung. Erdgas ist teurer als Braunkohle. Es müssen zahlreiche Gaskraftwerke gebaut werden. Eigner stillgelegter Kohlekraftwerke müssen entschädigt werden. Weitere Kosten verursachen die Demontage und der Rückbau der Kohlekraftwerke. Hinzu kommen die hohen Kosten von Ökostrom. Deren Produktionskosten sind und bleiben deutlich über den Erzeugungskosten selbst der teuren Gaskraftwerke.

Mögliche Erpressungen

Investoren wollen mit deutschen Kohlekraftwerken Gewinne erzielen. Die Versorgung mit Ökostrom hat bereits die technische Grenze von rund 55 Prozent erreicht. Für ein stabiles Stromnetz sind ausreichend viele Dampfkraftwerke erforderlich. Investoren wissen das. Sie werden drohen, ihre Kraftwerke abzuschalten, sobald sie keine gewinnbringenden Preise und Abnahmemengen mehr erzielen. Zwangsnahmen lassen sich nur gegen deutsche Eigentümer durchsetzen.

Doch viel kritischer ist die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland. Bereits jetzt würden viele Gaskunden im Winter ihre Heizung nicht betreiben können. Wenn zusätzlich die Stromerzeugung auf Gas umgestellt wird, nimmt der Gasbedarf deutlich zu. Würde der Gashahn zugedreht, läge Deutschland im Dunklen. Es würde lange dauern, wieder ein stabiles Stromnetz mit anderen Energieträgern aufzubauen. Russland erhielte eine große Macht über Deutschland. Ist das gewollt?

Prof. Dr.-Ing. Hans-Günter Appel
Pressesprecher NAEB e.V. Stromverbraucherschutz
www.NAEB.info und www.NAEB.tv

Braunkohle - Klimakiller mit Zukunft?

28. August 2016 | Gut ein Viertel des deutschen Stroms stammt aus Braunkohlekraftwerken. Sie liefern Strom unabhängig von Windstärken und Sonnenstunden.

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