Wozu teure zusätzliche Nord-Süd-Stromtrassen?

Mit großem Medienrummel begab sich der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier auf eine Informationsreise zur Beschleunigung des Baus der geplanten Nord-Süd Stromtrassen, die angeblich für die Energiewende notwendig seien.

Doch bei genauerem Hinsehen ist der Zubau von Ökostromerzeugern nur ein enorm teurer Zusatz zu einer intakten und preiswerten Stromversorgung durch die Dampfkraftwerke. Wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, versorgen sie das Land sicher mit Strom ohne zusätzliche Stromtrassen.

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Überflüssige Neubauten von Stromtrassen für überflüssigen Ökostrom [1]

Keine Minderung von CO2-Emissionen durch teuren Ökostrom

Die Einspeisevergütungen für Ökostrom betrugen nach amtlichen Angaben im Jahr 2016 im Mittel 15 Cent / Kilowattstunde (Ct/kWh). Dieser wetterabhängige stark schwankende Strom wurde an den Strombörsen für 3 Ct/kWh verkauft. Bei Überschuss musste zur Entsorgung sogar noch eine Gebühr an die Abnehmer bezahlt werden, die als negativer Strompreis bekannt ist. Die Differenz zwischen der Einspeisevergütung und den Ökostrom-Dumpingpreisen an der Börse müssen Stromkunden als EEG-Umlage bezahlen. Zur Information: Die Erzeugungskosten der Dampfkraftwerke liegen bei 3 – 5 Ct/kWh und die Stromerzeugung kann zuverlässig geplant werden.

Warum soll eigentlich auf Ökostrom umgestellt werden, um durch geringere Emissionen von Kohlenstoffdioxid (CO2) vermeintlich „das Weltklima zu retten“? Dies fordern fast alle führenden Politiker. Das Ergebnis sieht trotz mehr als einem Drittel der Jahresstromerzeugung in Deutschland aus Ökostrom trübe aus: Die CO2-Emissionen sind nicht gesunken. Darüber hinaus werden weltweit hunderte neuer Kohlekraftwerke gebaut, die zusätzlich ein Vielfaches der gesamten deutschen CO2-Emissionen in die Luft abgeben.

Ohne Dampfkraftwerke kein stabiles Netz

Dann gibt es noch die 45-Prozent-Regel, die offensichtlich keinem führenden Politiker bekannt ist. Zur Stabilisierung der Netzfrequenz bedarf es der großen rotierenden Massen der Dampfkraftwerke als Momentanreserve. Wird ein Verbraucher zusätzlich eingeschaltet, wird der Strom sofort aus dem Rotationspotential der Generatoren geliefert. Die Minderung der Netzfrequenz ist das Signal, mehr Dampf auf die Turbinen zu leiten. Beim Abschalten von Verbrauchern ist es umgekehrt.

In den Schaltstellen der Regelzonen hat sich immer wieder gezeigt, dass mindestens 45 Prozent des Stromes von den Dampfkraftwerken erzeugt werden muss, um das Netz stabil zu halten. Die Fachleute vom Stromverbraucherschutz NAEB haben die Situation der letzten drei großen Stürme analysiert und die 45%-Regel bestätigt.

Laut Presseberichten erreichte die Windstromerzeugung nahezu den deutschen Bedarf. Doch gleichzeitig lieferten Kraftwerke noch den Stabilisierungsstrom. Der überschüssige Windstrom wurde in die angrenzenden Länder abgegeben.

Es ist technisch unmöglich, Deutschland mit 80 Prozent oder gar mit 100 Prozent Ökostrom versorgen zu wollen. Es gibt heute bereits zu viele Ökostromanlagen, die bei Starkwind und Sonnenschein Überschussstrom erzeugen. Ein weiterer Ausbau ist unsinnig, selbst wenn man bereit ist, die hohen Kosten zu akzeptieren. Auch durch neue Trassen wird man den Überschussstrom nicht los.

Teure Trassen, wenig Nutzen

Die geplanten Nord-Süd-Trassen können nicht beliebig viel Windstrom in den Süden leiten. Auch hier gilt die 45-Prozent-Regel. Im Süden muss weiterhin mindestens 45 Prozent des Stromes aus Dampfkraftwerken kommen. Den liefern zurzeit auch Kernkraftwerke, die jedoch in den nächsten Jahren abgeschaltet werden sollen. Dann muss der Braunkohlestrom aus Sachsen und Brandenburg diese Rolle übernehmen.

Die teuren Trassen werden überflüssig, wenn im Süden Kernkraftwerke durch Kohle- und Gaskraftwerke ersetzt werden. Sie würden dann nur noch teuren Windstrom in südwärts leiten, der die Effizienz der Dampfkraftwerke verringert, weil die preiswerten Stromerzeuger gedrosselt werden müssen. Die Trassen können die Energiewende trotz aller Lippenbekenntnisse der Politiker nicht stützen, sondern nur noch weiter verteuern.

Die Trassenkosten sollen nun noch erheblich steigen, weil aufgrund zahlreicher Bürgerproteste die Stromkabel weitgehend in die Erde verlegt werden sollen. Laut dem Netzbetreiber Tennet werden Freileitungen mit einer Million Euro je Kilometer kalkuliert. Erdkabel kosten siebenmal so viel. Für die geplanten circa 3.000 Kilometer Nord-Süd-Trassen steigen dadurch die Kosten von 3 Milliarden Euro auf über 20 Milliarden Euro, die letztlich der Stromkunde zu tragen hat. Es gilt weiterhin die Aussage: Energiewende – Kosten ohne Ende!

Viel Strom und Kohle für Erdkabel

Doch auch die Umwelt wird durch die Erdkabel unnötig stärker belastet. Nach Angaben von Tennet enthält ein Meter Kabel fast 20 Kilogramm Aluminium als elektrische Leiter. Zur elektrolytischen Abscheidung von einem Kilogramm Aluminium werden 16 Kilowattstunden Strom und 0,67 kg Kohlenstoff benötigt. Dies sind theoretische Werte ohne Verluste. Nach diesen Werten sind für die Trassen mit jeweils sechs Kabeln zur Erzeugung der 360.000 Tonnen Aluminium fast 6 Milliarden Kilowatt Strom und knapp 250.000 Tonnen Kohlenstoff notwendig, der zu über 900.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) oxidiert und in die Atmosphäre entweicht. Die politisch geforderte Reduzierung der CO2-Emissionen wird durch die Erdkabel konterkariert.

Nach einer Faustformel bedarf es zweier Kilogramm Primärenergie, um Waren oder Dienstleistungen im Wert von einem Euro zu produzieren. Danach werden für den Bau der Trassen im Wert von 20 Milliarden Euro 40 Milliarden Kilowattstunden Primärenergie benötigt. Auch diese Zahlen zeigen, dass die Trassen nicht der Energiewende dienen, sondern den Energiebedarf vergrößern.

Kurze Stromleitungen sind optimal

Es gilt nach wie vor die Regel, dass Kraftwerke nicht weiter als 200 km vom Verbraucher stehen sollten. Bei größeren Entfernungen ist der Stromtransport teurer als der Transport von Brennstoffen. Dies gilt auch für Ökostromanlagen. Als Faustregel kann man bei mit längeren Leitungen mit Verlusten von 10 Prozent rechnen. Diese Verluste müssen zusätzlich erzeugt werden. Von Energieeinsparungen kann bei diesen Planungen keine Rede sein. Eine marktwirtschaftlich orientierte Stromversorgung würde solche Verluste und Kosten nicht zulassen.

Prof. Dr.-Ing. Hans-Günter Appel
Pressesprecher NAEB e.V. Stromverbraucherschutz
www.NAEB.info und www.NAEB.tv

"Die Energiewende ist ein Verlustgeschäft!" - Steffen Kotré - AfD-Fraktion im Bundestag

8. Juni 2018 | Zum Thema "Ausbaumengen für Windenergie an Land und Solarenergie"

[1] Bildquelle

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